Rigi, Ringge, Rollhaferus

Steile Wege, höllische Runsen.

Rigi und Rigigasse

Steil hinauf auch ohne Bahn – Wo Ziegen getrieben wurden

Der offizielle Name lautet heute Rigigasse, früher hiess der Weg Augass.

Die Rigigasse führt von der Kantonsstrasse in der Au steil hinauf zur Dorfstrasse, so steil, wie die Rigibahn hinauf zum Gipfel der Rigi führt. Fälschlicherweise bringt man deshalb die beiden Namen miteinander in Verbindung; der Engeler Name Rigi wäre demnach eine Art Über- oder Spottname in Anlehnung an den steilen Berg im Kanton Schwyz.

Man sagt aber «dur d Rigi ufe», «i dr Rigi». Im alltäglichen Sprachgebrauch fehlt der Zusatz «-gass». Das mittelhochdeutsche «ric/rihe/rige» bedeutet nämlich für sich schon «schmaler Weg, enger Durchgang». Der Name Rigi meint also einfach «Gasse». Es ist eine ehemalige Geissgasse, auf der die Ziegen hinauf und hinunter getrieben wurden. Ihre Fortsetzung führte wohl übers Hüreli hinauf zum Färebode. Der Name Rigigass ist ein Pleonasmus, der wohl in neuerer Zeit gebildet wurde, weil man den ursprünglichen Namen Rigi nicht mehr verstand.

Der Name des Berges im Kanton Schwyz hat übrigens den gleichen Ursprung. Das mittelhochdeutsche «rige» bedeutet auch «eine Linie, eine Reihe»: Die von Arth Goldau aus gut sichtbaren Schichtungen, die Felsbänder haben dem Berg den Namen gegeben.

Auf die frühere Ziegenhaltung weisen auch andere Gassennamen (Fitteregass, Grundgass) und verschiedene Geissen- und Gitzinamen hin (Geissberg, Geissegg, Geissgäde, Geisslaui, Gitzichöpf, Gitzifad, Gitziplatz). Im Namen Geisserbueche hingegen steckt der «Wildgeisser», der Waldkauz, der wohl in dieser Buche zu Hause war.

Durch die «Fitteregass» wurden Ziegen auf die Alp Fittern getrieben.

Namen mit den Wortteilen Chalber-, Chue-, Ochse-, Rinder-, Schwii- und Ross- weisen auf spätere und heutige Grossviehhaltung hin. So unter anderem die Namen Chalberbode (Weidegebiet Mülibach Oberstafel), Chüebändli (Grasband im Gufeli), Ochsebüel (Teil der Alp Fittere), Rinderzug (Holzritt im Wartstaldewald), Rossweid (in der Oberängi gelegen). Mit der bei der Käseherstellung anfallenden Molke werden auf der Alp heute noch Schweine aufgezogen. Davon hat der Schwibode über dem Üblisser Wald seinen Namen.

Ringge

Formen von Gebrauchsgegenständen in der Landschaft

«Ringge» ist ein alemannisches Wort für eine ringförmige Gürtelschnalle. Es wird heute noch von Sernftaler Bauern für die Schellenschnalle bei Glockenriemen gebraucht. Die Liegenschaft Ringge oberhalb der Waldhoschet hat wirklich die Form einer Gurtschnalle: Eine halbrunde Wiesenfläche, in der ein schmales Waldstück entlang des Ringgerüslis den Dorn bildet.

Auch andere Flurnamen in der Gemeinde Engi sind von Formen von Gegenständen hergeleitet: Ds Brusttuech (der Latz bei der Frauentracht, hier ein Waldstück unterhalb des Gheistschwämmli); d Gibelegg (Dachgiebelförmiges Waldstück, der Fussweg führt auf dem Giebel, der Krete, hinauf Richtung Chuefittere); dr Huet (Hutförmige Erhebung auf dem Grenzgrat zum sankt-galler Murgtal); ds Saggbödeli (eine sackförmige Ausbuchtung der Weide unter dem Cholgruebeloch); ds Tor (ein kleiner Sattel unterhalb des Mageräu); dr Triangel (eine spitz zulaufende, dreieckige Waldfläche unterhalb der Gufeli Risene); dr Tritt (ein stufenförmiges Wegstück unterhalb des Tänzer); dr Trog (eine trogartige Geländevertiefung am Schlattberg); dr Ture (ein schmales, steiles Wegstück mit vielen Serpentinen, ähnlich der Treppe in einem Turm, zwischen dem undere und dem mittlere Chräuel); ds Wiegli (eine wiegenförmige Geländeeinbuchtung an einem Grat unterhalb des Heustogg).

Rollhaferuus

Höllisch steil und höllisch tief – Die Namen der Runsen

Mit dem schweizerdeutschen «Rollhafe», anderswo auch «Hellhafe», ist der innerste Kreis der Hölle gemeint, der Hafen (Topf), in dem die Seelen gerollt werden. Der Name entstand wohl, weil man die üblen Eigenschaften eines Ortes zum Ausdruck bringen wollte, hier wohl die abgelegene Lage im Steilhang des Bulsterewald.

Auch die benachbarten Runsen weisen auf die ungünstige Lage hin: Die Leidbergruus führt durch «leides», also schlechtes, lockeres Gestein und die Teufruus tief eingeschnitten ins Gelände steil hinunter in den Chessel des Mülibach.

Runsen gibt es in den steilen Abhängen des Särfttal unzählige. Sie bringen Wasser und Steine und Schnee ins Tal und verwüsten bei Unwettern Weideland, Strassen und Gebäude. Alle haben einen Namen, der sich entweder auf die Lage bezieht (Badchopfruus, Bödeliruus, Erleruus, Hochwandruus) oder eine Besonderheit ausdrückt (Gelbrüsli, Nasstrittruus, Trocheruus, Wasserruus).

Weiter: Schräje, Siwelle

Beiträge in dieser Serie