Schräje, Siwelle
Schräje
Ein Schräje (mittelhochdeutsch «schraejen» = spritzen, sprühen) ist ein Stüber, und ein Stüber ist ein Wasserfall. In Linthal gibt es den Berglistüber, und es gab dort vor dem Bau des Limmernstausees den Schräjebachfall. Der Pleonasmus im Namen entstand wohl, weil die ursprüngliche Bedeutung des Wortes «Schräje» verloren gegangen war. Der Schräje in Engi ist ein Ort neben dem Mettlebach, welcher dort bei viel Wasser einen Wasserfall bildet. In Matt fällt von der Liegenschaft Schräje ein Wasserfall über die Schräjewand hinunter in den Chrauchbach, in Elm fällt ein Schräje in mehreren Stufen auf den Talboden der Weid.
Auch im Namen Hatzgetschol ist ein Wasserfall versteckt. Ein Tschol ist ein Schwall Wasser, dieser spritzte über einen grossen Stein im Mühlibach im Gebiet Hatzge. Die Unwetter von 2005 haben den Stein verschoben; deshalb, aber auch weil seit 2009 das Wasser gefasst ist, strömt es jetzt spärlicher über den Stein.
Auch Wortzusammensetzungen mit «brunne» (ein «brunne» ist eine Quelle), «see», «bach» und natürlich mit «wasser» weisen auf wasserreiche bzw. Wasser führende Stellen im Gelände hin: Brunnegade, Brunneloch, Chaltebrünne, Mattbrunne, Seebach, Seeloch, Wasserböde, Wasserloch. Auch Schaft oder i dr Schaft, ein Weidegebiet auf Übelis, ist eine solche Bezeichnung. Schaft oder Wasserschaft bezeichnet eine Stelle, an welcher Wasser geschöpft werden konnte.
Der Name des Heualpgebietes Bützi auf 2000 Metern kommt vom mittelhochdeutschen «bütze» = Pfütze, Brunnen. Er bezeichnet wasserreiche Wiesen oder eine Trinkstelle für das Vieh, was hier am ehesten zutrifft. Nicht verwechseln mit Bützi darf man die Bitzi in Matt. Mit dieser ist eine eingezäunte Liegenschaft gemeint, mittelhochdeutsch «biziune», ähnlich dem Bifang («gefangenes» Gebiet) in Engi beim Holderbergli.
Dagegen weist der Name Güntlechamm, auf 2300 Metern über dem Oberstafel der Gufelialp gelegen, auf Wasserstellen hin; «güntle» sind Gunten oder Pfützen. Im Aatel heisst es am Eingang ins Mülibachtal, von «Aa» = Bach und Tal. Der Mülibach wurde also auch einfach «Aa» genannt.
Der Name des Talflusses Särft wird in Urkunden 1411 erstmals als Flussname allein erwähnt, schon 1240 aber in der Zusammensetzung «Serniftal». Der Name ist wahrscheinlich keltisch, die idg. Vorsilbe «ser (-nava)» kann strömen bedeuten oder aber rot, rötlich. Beides würde passen: Der Särft ist ein rasch fliessendes Gewässer, sein Bachbett scheint im Unterlauf wegen der vielen Sernifitsteine oft rötlich.
Siwelle
Vom Schlatt aus erblickt man auf der gegenüberliegenden Talseite den Abhang des Chräuel. Den Horizont bildet die wellenartige Bergkette mit den Siwellen. Althochdeutsch «sinwelbe», mittelhochdeutsch «sinwel» bedeutet schön rund, gewölbt. Dr Siwelle, auch Matter Siwelle mit 1994 Meter Höhe ist eine rundliche Erhebung, desgleichen dr Chli Siwelle (1984 Meter). Der höchste Punkt der Kette ist der Hohberg (2244 Meter), der zwar nicht die Höhe der dahinter liegenden Stöcke (Charrenstock 2421 Meter und Gandstock 2315 Meter) erreicht, sich aber deutlich gegen den Horizont abhebt. Weiter nördlich schliesst sich dr Gross Siwelle (2099 Meter) an, eine einzeln stehende, runde Erhebung zwischen dem oberen Chräuel und dem oberen Laueli.
Oft sind Berge nach einer tiefer gelegenen Örtlichkeit benannt, so der Bützistogg (er liegt über der Heualp Bützi), der Fug oder Fuggstogg (über dem Fuggtäli), der Gandstogg (über Gandberg und Gandtüüfi), der Gufelstogg (über der Bergliegenschaft Gufel). Der zweite Wortteil «-stogg» bezeichnet die Form, die einem Baumstrunk ähnlich sieht.
Das Aussehen hat vielen Bergen zu ihren Namen verholfen: Breitchamm, Chamm, Magerreu, Rotstogg, Sunnehöreli. Das 2347 Meter hohe Ruchsitestöggli im Grenzgrat zum Murgtal SG heisst auch Goggeie. In diesem Wort steckt das mittelhochdeutsche «kock» und das schweizerdeutsche «Gogge» = Heuhaufen, Haufen oder das Verb «guggeie» = kauern, in geduckter Stellung sitzen.
Namen mit dem Wortbestandteil «berg» und «bergli» bezeichnen jedoch keine Berggipfel, sondern hoch gelegene Weideplätze oder Bergliegenschaften, welche ganzjährig oder nur im Sommer bewohnt wurden und werden. Viele dieser Berg-Namen geben ihren einstigen Besitzer bekannt, so dr Altmeberg, dr Gigerberg, ds Josebergli oder enthalten eine Angabe der Lage wie dr Chräuelberg oder dr Chummeberg.
Weiter: Tagwesblänggli, ÜblitalBeiträge in dieser Serie
- Engi von A bis Z
- Ängi
- Birli, Blänggli, Brand
- Chreuel, Chugelris, Diggewald
- Erlewüschi, Figebaumbödeli, Fürte
- Fuhr, Girestei, Hübel
- Iiseträt, Löffligeberg, Melchböde
- Neue Namen, Oberrütiacher
- Rigi, Ringge, Rollhaferus
- Schräje, Siwelle
- Tagwesblänggli, Üblital
- Vogelsang, Werbe, Zindel